Marokko oder USA?

Zurzeit beschäftige ich mich mal wieder mit den USA. Nicht politisch - das ginge nicht ohne Übelkeit und Kopfweh. Aber das Land an sich, vor allem die Natur, die Nationalparks, die Weite ziehen mich schon an. Seit Jahren beschäftigen wir uns mit einer großen Reise dorthin. Natürlich ziehen das Kind die Glitzerwelten von Las Vegas und Los Angeles an, natürlich auch New York - ich bin voller geiriger Gier auf das Monument Valley, den Grand Canyon, die ganzen Nationalparks des Westens und natürlich den Pazifik. Ich war einfach noch nie am Pazifik und mit neuen Meeren ist es wie mit neuen Lebensmitteln: Ich will sie einfach ausprobieren!

Die erste Reise planten wir für 2015. Dann kam ein Buchprojekt dazwischen und wir verschoben die Reise auf 2017. Na ja, und dann kam Trump dazwischen. Denn bei aller Liebe und Differenzierung zwischen Volk und Politik - am Ende waren es eben doch fast die Hälfte, die ihn gewählt haben. Außerdem haben wir arabische Namen und mein Kind ist außerdem Moslem. Da befürchte ich letzten Endes Regressionen bereits bei der Einreise. Und: Ganz wichtig für mich - ich fühle mich dann einfach nicht willkommen. Und dann kann ich eben auch nicht dorthin reisen. Ich weiß, damit tue ich unglaublich vielen, freundlichen Menschen Unrecht - aber ich habe auch meine Frankreich-Camping-Ferien erst gebucht, nachdem ich sicher wusste, dass Frankreich nicht von Marine Le Pen regiert wird. Ich habe da so meine Prinzipien - mehr noch: Mein Bauchgefühl.

 

Was bleibt, ist ein gewisses Kribbeln der Vorfreude auf die Zeit, wenn denn Monsieur Arschloch (pardon!) nicht mehr an der Macht ist und vielleicht auch noch irgendwas von den USA übrig ist und ich dann endlich dorthin reisen kann – mit bestem Gefühl und Lust aufs Land. Bis dahin vertreibe ich mir die Zeit damit, USA-Reiseblogs zu lesen. Z.B. bereist.blogspot.de, travelroads.de, reisewut.com oder… Da sind immer schöne Bilder, nette Wegbeschreibungen, Hotelvorschläge und eben alles, was dazu gehört, ein gewisses Fernweh auszulösen. Denn Fernweh ist etwas, worunter ich seit Jahren leide. Immer wieder. Immer noch.

Zurzeit lese ich den Blog von Katrin und Markus - travelcanons.blogspot.de. Sie durchqueren dabei den Kontinent und auch, wenn das für mich viel zu weit wäre mit Kind, so sind doch Etappen und Städte dabei, die ganz klar zu meinen Favorites gehören. Richtig witzig aber finde ich die Tatsache, dass ich auf vielen Fotos déjà vue Erlebnisse habe. Dabei war ich noch nie in den USA. Und nach einigem Hin- und Herüberlegen wurde mir dann auch klar, warum: Weil es in weiten Teilen der Nationalparks im Westen genauso aussieht, wie in Marokko. Echt jetzt!

Ich rede natürlich nicht von den Städten und Dörfern, nicht von den Burgen und Menschen. Ich rede ganz ausschließlich von der Landschaft und der Natur. Zum Beispiel sieht es im Grand Staircase-Escalante National Monument zum Teil genauso aus wie im Anti-Atlas und im Slot Canyon, wie in der Dadesschlucht. Und schaut man sich Bilder von der Region südlich von Foum Zguid an, könnte man sich fast in Utah wähnen, und überhaupt sehen diese ganzen Nationalparks rund um Moab zum Teil so aus wie die Schluchten an den Südhängen des Hohen Atlas. Teile des Rifgebirges sehen ganz so aus wie die Rocky Mountains – die Liste ließe sich endlos weiter führen…. es ist natürlich auch kein Zufall, dass extrem viele Filme, die in den USA spielen in Marokko gedreht wurden. Nur so lässt sich auch der Run auf die marokkanischen Filmstudios erklären.

In der ganzen Vorbereitungsphase für die USA-Reise 2015 (sie begann 2014!) schauten der Filius und ich uns viele viele Bilder von den USA an – und der Kleine (inzwischen Große) meinte dann immer wieder: Sieht aus wie in Marokko. Ja ja, so haben Marokko und die USA doch mehr gemein, als die Amerikaner das wohl mögen. Nur sind die Dimensionen in Nordafrika natürlich viel kleiner als jenseits des Ozeans. Und doch: Bis wir die große Reise antreten können, werden wir uns immer wieder nach Marokko bewegen, ein bisschen USA-Landschaft genießen, und dann unglaublich dankbar zu sein, in diesem wunderbaren Land zu reisen. Denn so schön die USA sein mögen: Ganz sicher können sie nicht mithalten mit der Liebenswürdigkeit der Marokkaner, mit dem großartigen Essen, der faszinierenden Berberarchitektur, die mein liebstes Reiseziel so sehr ausmachen. Da mögen die Naturwunder größer sein, die Schluchten tiefer, die Berge höher und die Ebenen weiter… aber an Marokko werden sie bei aller Großartigkeit, die ich wirklich unbedingt einmal erleben möchte, niemals heran kommen. Meine Meinung.

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